Die Geschichten des ukrainischen Kultautors sind von unglaublicher Intensität, und wie immer in seinen Gedichten, Erzählungen und Romanen steht man als Leserin mit Beginn der ersten Zeile mitten im Geschehen. Authentisch und ehrlich ist jedes seiner Werke, die Protagonisten sind nicht mehr aus dem Kopf zu kriegen - so geht es auch in diesem Roman, der 2014 in der Ostukraine spielt. Ein Onkel bricht auf, um seinen Neffen aus dem Internat abzuholen. Das Internat liegt ganz plötzlich, von heute auf morgen, mitten im Kriegsgebiet. Die Rückreise der beiden ist gezeichnet durch ein absurdes Kriegsszenario - ein Albtraum. Zhadan schafft trotzdem eine positive Atmosphäre, indem er in dieser zerstörerischen Kriegswelt Werte wie Menschlichkeit, Humor, Liebe und Verantwortung Raum zu geben vermag.
Aus dem Ukrainischen übersetzt von Juri Durkot und Sabine Stöhr
In Bildern von enormer Eindringlichkeit schildert Serhij Zhadan, wie sich die vertraute Umgebung in ein unheimliches Territorium verwandelt. Mindestens so eindrucksvoll ist seine Kunst, von trotzigen Menschen zu erzählen, die der Angst und Zerstörung ihre Selbstbehauptung und ihr Verantwortungsgefühl entgegensetzen. Seine Auseinandersetzung mit dem Krieg im Donbass findet mit seinem Roman Internat ihren vorläufigen Höhepunkt.
Ein junger Lehrer will seinen 13-jährigen Neffen aus dem Internat am anderen Ende der Stadt nach Hause holen. Die Schule, in der seine berufstätige Schwester ihren Sohn »geparkt« hat, ist unter Beschuss geraten und bietet keine Sicherheit mehr. Durch den Ort zu kommen, in dem das zivile Leben zusammengebrochen ist, dauert einen ganzen Tag.
Der Heimweg wird zur Prüfung. Die beiden geraten in die unmittelbare Nähe der Kampfhandlungen, ohne mehr sehen zu können als den milchigen Nebel, in dem gelbe Feuer blitzen. Maschinengewehre rattern, Minen explodieren, öfter als am Tag zuvor. Paramilitärische Trupps, herrenlose Hunde tauchen in den Trümmern auf, apathische Menschen stolpern orientierungslos durch eine apokalyptische urbane Landschaft.