Ende der 90er hörte ich in Marburg zum ersten Mal von der Idee der Einkommensgemeinschaft.
Heute, 20 Jahre später, fällt mir dieses Buch in die Hände.
Eine Gruppe von Menschen wirft, unabhängig von Ihrer Herkunft, Sozialisation und Bildung und vor allem unabhängig von ihren inzwischen z.T. sehr großen Gehaltsunterschieden alles in einen gemeinsamen Topf und lebt gleichberechtigt von diesem Geld; egal ob Ärzt*in oder Bioladen-Kollektivbetreiber*in.
Was vor 20 Jahren als WG-Kasse begann, hat bis heute Bestand. Und das, obwohl die beteiligten Personen nicht mehr in der gleichen Stadt leben, z.T. Kinder bekommen haben, in WGs leben oder ein Einfamilienhaus gekauft, größere Geldbeträge geerbt oder eben nichts geerbt haben.
Ein Buch über wahre Solidarität und eine echte Alternative zu dem immer größer werdenden wirtschaftlichen Druck und sozialen Ungleichheiten.
Beeindruckend und nachahmenswert.
Das Buch stellt eine Gruppe von Menschen vor, die etwas anders machen als der Rest der Gesellschaft: Sie teilen ihr Geld, obwohl sie weder in derselben Stadt leben, noch durch familiäre Bande zusammengehalten werden. Mehrmals im Jahr kommen sie zusammen und regeln ihr finanzielles Auskommen der nächsten Monate. Dieses Modell heißt Finanzcoop.
Das gemeinsame Bankkonto, hervorgegangen aus dem Experiment einer WG im Jahr 1998, ist für die mittlerweile sieben Mitglieder zum Alltag geworden. Ihr regelmäßiger Austausch über Geld, materielle Werte und vor allem die eigenen Bedürfnisse hat sie zu Expert_innen gemacht. Dafür, was Geld in unserer Gesellschaft bedeutet, was es leistet, aber auch verunmöglicht. Und dafür, welche unentdeckten Freiräume eine andere Art von Ökonomie schaffen kann. In dieser Zwischenbilanz zu ihrem auf Lebenszeit angelegten Modell geben sie Einblicke, was ihre Neuerfindung einer Solidargemeinschaft, die quer zu Familie und Staat steht, bedeutet: für Partner_innen, Eltern und Kinder, für ihre Einstellung zu Erwerbsarbeit und unbezahlten Tätigkeiten, Nachwuchsplanung, Alterssicherung.
In ihren Berichten und Reflexionen machen die Mitglieder des FC-Kollektivs deutlich, dass diese Neuordnung der eigenen Verhältnisse gar nicht so radikal ist und doch auch das: eine Revolution in Zeitlupe.