Graham Swifts Roman Ein Festtag, bei dem es sich eigentlich um ein Novelle handelt, gehört zu den besten Texten, die die englische Literatur gegenwärtig zu bieten hat. Angesiedelt in der großbürgerlichen Welt des frühen 20. Jahrhunderts, die manchen Fan von Julian Fellowes an Downton Abbey erinnern wird, erzählt Ein Festtag von Liebe, Geheimnissen und der kühnen Überschreitung von Standesgrenzen. Im Zentrum der Geschichte steht freilich eine ganz andere Transgression: die Verwandlung einer Leserin zur Autorin. – Ein Meilenstein der anglophonen Gegenwartsliteratur, den man in einem Atemzug mit den Werken von Barnes, McEwan und Ishiguro nennen muss. Eine unbedingte Lektüreempfehlung.
Sich dem Stoff des Lebens in die Arme zu werfen, das war der Sinn ... – Jane, das junge Dienstmädchen von Beechwood, und Paul, der Spross aus begütertem Haus, haben ein Verhältnis. Heimliche Botschaften, verschwiegene Treffen, doch heute, an diesem sonnigen Märzsonntag 1924, darf Jane – Familie und Dienerschaft sind ausgeflogen – ihr Fahrrad einfach an die Hausmauer des Anwesens lehnen, durchs Hauptportal herein und ins Bett ihres Geliebten kommen. Ein erstes und ein letztes Mal, denn Paul wird bald – standesgemäß – heiraten. Später, gegen Mittag, wird sie leichtfüßig und nackt durch das weitläufige Haus streifen, beseelt von der rauschhaften Innigkeit dieses herausgehobenen Morgens und nicht ahnend, dass ihr Leben am Ende dieses Tages zu zerbrechen droht.
Viele Jahrzehnte später blickt sie zurück und erzählt: von einer Tragödie und zugleich einer wundersamen Entfaltung. Schwebend verschränkt Swift Gegenwart und Vergangenheit, erzählt fein und makellos von einem Leben, in dem alle Grenzen bedeutungslos wurden. Schillernd, unerhört und sinnlich.