Sprühende Kreativität: Dieses Motto hat sich Spanien als Ehrengast der Frankfurter Buchmesse 2022 gewählt. Für uns macht sich das Gastland regelmäßig schon in den Monaten vor der Buchmesse im Herbst bemerkbar: Übersetzungen werden gefördert, Neuerscheinungen und Neuübersetzungen erreichen uns, das Augenmerk richtet sich nochmal besonders auf die Literaturlandschaft des Ehrengasts. So nehmen wir verstärkt Titel in den Verlagsvorschauen wahr und letztlich dürfen wir sie dann auch bei uns im Wareneingang auspacken. Wenn Ihnen also unser Buchladen in diesem Jahr manchmal spanisch vorkommt, hat das gute Gründe.
Umso mehr, weil wir uns Spanien in diesem Jahr besonders verbunden fühlen dürfen: Unsere Heike Thelen reist nach Madrid! Sie wurde als eine der Buchhändler*innen ausgewählt, die auf Einladung der Buchmesse und des Ehrengasts Spanien für einige Tage nach Madrid reisen wird, u.a. um dort im Rahmen eines großen Branchentreffens (organisiert vom spanischen Buchhändlerverband CEGAL) ihre spanischen Kolleg*innen zu treffen. Eine Ehre und eine Freude!
#Buddyreads: Gemeinsam lesen und sich miteinander austauschen
Heike spricht Spanisch und hat ein großes Herz für Spanien und die spanischsprachige Literatur, wovon sie etwas weiter unten selbst erzählt. Daher konnten wir schon zarte Bande mit Bea und Rafa von der Buchhandlung Sputnik librería café in Léon knüpfen, mit denen Heike das Buch Meine verlorene Freundin von Milena Busquet lesen wird. Buddy Reads nennt sich das: Man liest zeitgleich das gleiche Buch und tauscht Leseeindrücke aus. Wir werden alles zusammen mit der Buchmesse und dem Ehrengast Spanien in Social Media begleiten. Weitere Buddy-Reads-Buchhandlungen sind die Buchhandlung Taube in Marbach und die Buchhandlung Jakob in Nürnberg. Wir winken herzlich rüber zu den Kolleg*innen.
Bald geht es los, nach Madrid, mit dem Buddy-Reads-Projekt! Wir haben Heike ein wenig ausgefragt über Ihre Verbindung zur spanischen Literatur, ihre Liebe zum Land und über Bücher, die Ihr besonders auffielen.
Heike, erzähl' uns mal, wie ist es mit Dir und Spanien?
Spanien als Land habe ich erst wahr genommen, als ich nach meiner Buchhändlerlehre Regionalwissenschaften Lateinamerika zu studieren begann - ganz ohne ein Wort Spanisch sprechen zu können, ohne Spanien zu kennen, ohne jemals in Lateinamerika gewesen zu sein. So fuhr ich 1990 erstmalig nach Spanien, nach Galizien und machte einen Spanischkurs bei einer umwerfenden typischen Almodovar-Frau, Olga. Da gab es nicht nur Castellano, sondern auch noch einen kleinen Kochkurs für ein paar typische spanische Gerichte. Seitdem hat mich das Spanien-Fieber gepackt!
Als NRW-Kind mit überwiegend Urlaub in Holland und bisweilen mal Österreich, ach, einmal Schweiz als Highlight, war Spanien dann eine regelrechte Erleuchtung! Die strahlenden, schlagfertigen, witzigen Frauen; die fussballirren Männer, das herrlich bodenständige, ehrliche Essen der Spanier, die Tapas, das spanische Kino, das Leben auf der Straße, immer gut gelaunt und wahrlich offenherzig für Touristen. Seitdem bin ich mindestens einmal im Jahr in Spanien. Nie kann ich mich entscheiden, ob San Sebastian, Malaga, Barcelona oder Madrid meine Lieblingsstadt ist. Eine besser als die andere. 1993 habe ich ein Praktikum am Goethe-Institut gemacht, natürlich in der Bibliothek.
Was schätzt Du an der spanischen Literatur?
Spanische Literatur begleitet mich schon ewig; begonnen hat es wahrscheinlich wirklich mit Don Quijote als Jugendliche. Nachher habe ich mich im Studium natürlich tiefer in die spanische Literatur einarbeiten müssen. Ich möchte dich jetzt nicht langweilen mit Jimenez, Platero und ich oder Gedichten von Antonio Machado. Aber bestimmt bist du auch Fan von Merce Rodoreda. Auf der Plaza del Diamante hat mir natürlich das Thema Spanischer Bürgerkrieg nähergebracht. Und auch das Buch von Enzensberger, Kurze Sommer der Anarchie. Mein absoluter Lieblingsautor ist Jorge Semprun und eines seiner besten Werke ist nicht mehr lieferbar: Netschjew kehrt zurück. Rafael Chirbes steht auch ganz hoch bei mir im Kurs. Miguel Delibes, Camilo José Cela. Jaume Cabre, Die Stimmen des Flusses! Der Wahnsinn. Und Patria von Aramburu. Javier Marias, Milena Busquets - ach! Spanische Literatur ist so schön schnell, explosiv, intuitiv, nicht so aufgesetzt, sondern authentisch (so wie das Essen) - so wie das Leben. Ungekünstelt, unprätentiös und vor allen Dingen: schräg!
Nun freuen wir uns gleich noch mehr auf die Eindrücke, die Heike aus Madrid und aus ihrem #BuddyReads mitbringen wird! Davon wird Heike selbst in unseren Instagram-Storys erzählen. Unser Hashtag: #NippEspaña.
(Die Beiträge sammeln wir im Anschluss hier im Blog, weil nicht jede*r Zugriff auf Instagram hat, denn dafür muss man dort angemeldet sein.)
Die Buchmesse über ihren Ehrengast:
Unter dem Motto „Sprühende Kreativität“ präsentiert das Gastland die gesamte Bandbreite der Literatur aus Spanien – von Belletristik bis Poesie, vom Kinderbuch bis Comic, vom Essay bis zum Hörbuch.
Spanisch wird von rund 500 Millionen Menschen gesprochen und ist somit eine der lebendigsten Sprachen weltweit. Der Ehrengast 2022 wird die jungen Entwicklungen und Strömungen im literarischen und kulturellen Leben des Landes auf das internationale Parkett der Frankfurter Buchmesse bringen, insbesondere die aktuelle Literatur- und Kreativindustrie international bekannt machen.
Übrigens: Seit 1988 pflegt die Buchmesse die Tradition, ein Gastland oder eine Gastregion als Ehrengast einzuladen. Oft ist das ganze Jahr über das das Gastland in Deutschland mit Aktionen und Veranstaltungen mit einem kulturellen Rahmenprogramm präsent: Lesereisen, Literatur- und Übersetzungsförderung, Konzerte, Theaterstücke, Ausstellungen, Presse- und Bloggerreisen usw. Zur Buchmesse dann gestaltet das Gastland einen eigenen Pavillon zur Geschichte, Kultur und Literatur. Sprühende Kreativität?