Es war eine ereignisreiche Woche, die Woche unabhängiger Buchhandlungen.
Im Buchladen hatten wir zum Auftakt am 29. Oktober am Mittag die legendäre Murakami-Übersetzerin Ursula Graefe zu Gast. Am Abend lud der Bundesverband Information & Beratung für NS-Verfolgte in ihrer Reihe Mosaik der Erinnerung - Literatur der Gegenwart zu einer Lesung mit Nora Hespers und ihrem Buch Mein Opa, sein Widerstand gegen die Nazis und ich. Eine Woche lang feierten wir mit rund 900 inhabergeführten Kolleginnen und Kollegen in ganz Deutschland den unabhängigen Buchhandel. Weltweit eine der größten Aktionswochen dieser Art, einmalig, weil aus dem Buchhandel selbst organisiert.
Es gab viele wundervolle Aktionen, Veranstaltungen und ein buntes Treiben in Social Media. Dort warteten wir jeden Abend auf einen ganz besonderen Bericht: Torsten Woywod vom DuMont Buchverlag, Autor von »In 80 Buchhandlungen um die Welt« und bald auch Verleger, war wie bereits im letzten Jahr mit dem Fahrrad unterwegs, um Buchhandlungen zu besuchen. Seine »Tour de WUB« (kurz für Woche unabhängiger Buchhandlungen) führte ihn zum Schluss zurück nach Köln. Zu uns!
Und Torsten Woywod fand so wunderbare Worte über den Buchladen, dass wir ihn baten, seine Bilder und seinen Text der Flüchtigkeit von Social Media zu entziehen und ihnen eine Heimat im Buchladenblog zu geben. Es war für uns eine weitere Krönung in rascher Folge, denn am 30. Oktober nahmen Dorothee Junck und Christiane Dreiling im Augsburger Rathaus von der Kulturstaatsministerin Claudia Roth die Auszeichnung mit dem Deutschen Buchhandelspreis entgegen. Soviel Freude!
Herzlichen Dank, lieber Torsten, für Deinen Besuch und Deine Worte. Wir freuen uns bereits auf die Lesung von »Leonard und Paul« und Rónán Hession.
Und dies hier schrieb Torsten Woywod:
»In der Zeit vom 29. Oktober bis zum 05. November beteiligten sich rund 900 Buchhandlungen an der »Woche unabhängiger Buchhandlungen« – einer bundesweit und inzwischen zum neunten Mal stattfindenden Festwoche des lokalen Buchhandels, die mit allerhand Aktionen und Veranstaltungen begangen wurde.
Wie bereits im Vorjahr geschehen, habe ich diese schöne Festwoche zum Anlass genommen, um mich aufs Rad zu setzen und täglich eine unabhängige Buchhandlung Deutschlands zu besuchen und diese online zu porträtieren.
Nach Stationen in Gunzenhausen (ungefähr 50 Kilometer südwestlich von Nürnberg gelegen), Ludwigsburg, Marbach am Neckar, Frankfurt am Main und Neunkirchen-Seelscheid konnte meine »Tour de WuB 2022« nur in einer ganz besonderen Buchhandlung enden, die in Köln-Nippes beheimatet ist.
Nach etwas mehr als 650 Kilometern und 3.600 Höhenmetern bin ich am Samstag – nach sieben Tagen auf dem Rad – im Veedel angekommen, wo der Buchladen Neusser Straße mein letztes Etappenziel darstellte.
Während meine Reise durch Deutschlands unabhängige Buchhandlungen hier endet, hat auf der Gegenseite schon sehr viel Gutes an genau diesem Ort begonnen: Dorothee Junck, die Inhaberin, ist nämlich nicht nur eine großartige Buchhändlerin, sondern auch eine eben solche Netzwerkerin, Förderin, Organisatorin, Veranstalterin, Gründerin und, ja: (Möglich-)Macherin!
Seit 2007 leitet sie diesen schönen Buchladen auf der Neusser Straße, der vor 42 Jahren von Christian Jakobs und Dieter Aretz-Göpp gegründet und 27 Jahre später an Dorothee und ihren Bruder Burkhardt verkauft wurde. Als der Buchladen seinen 40. Geburtstag feierte, gab es eine gemeinsame Veranstaltung, in deren Rahmen die beiden Gründer ihre Hochachtung darüber zum Ausdruck brachten, wie sich der Buchladen seitdem entwickelt hat. Stimmt absolut!
Aber kommen wir zu den Dingen zurück, die hier entstehen: Vor zehn Jahren hat Dorothee Junck – gemeinsam mit Katja Grüter vom Modegeschäft »Frau Schulze« – den »Blauen Abend in Nippes« ins Leben gerufen, einen verkaufsoffenen Samstagabend für den Stadtteil, an dem sich von Jahr zu Jahr mehr Geschäfte beteiligen. Über 80 waren es zuletzt. Durch die Vernetzung untereinander bzw. das Miteinander im Veedel, das Dorothee Junck sehr wichtig ist (es kommt nicht von ungefähr, dass dieser Ort auch »Dorfbrunnen« genannt wird und von den Anwohner*innen zielsicher als erste Anlaufstelle gewählt wird – egal, worum es auch geht), können die Kund*innen ihre bestellten Bücher an insgesamt vier Stationen innerhalb Nippes abholen – vom kleinen Kiosk schräg gegenüber bis zum hiesigen Rewe-Markt.
Dorothee Junck setzt aber nicht nur auf Vernetzung vor Ort, sondern auch auf überregionaler Ebene: Sie hat den BuyLocal-Gedanken auf vielerlei Ebenen forciert und zudem maßgeblich dazu beigetragen, die Initiative der »Woche unabhängiger Buchhandlungen«, die auf eine Idee von David Mesche, Inhaber der Berliner Buchbox, zurückgeht, in den vergangenen Jahren zu einer Festwoche im allerbesten Sinne zu machen, an der man auch außerhalb der Branche nicht mehr vorbeikommt. Auch hier hat sie nämlich – neben David Mesche – ihre Finger im Spiel. In diesem Zusammenhang sind unbedingt auch Katrin Haas (Orga) und Wibke Ladwig zu nennen, die die WuB im Netz hat wachsen lassen und sich auch ansonsten um viele schöne Online-Projekte des Buchladens kümmert (mein persönlicher Liebling: die Insta-Live-Buchtipps mit Mira Scholz, das um 09:30 Uhr am letzten Freitag eines jeden Monats stattfindet). Dass die WuB ihre heutige Strahlkraft hat, ist aber natürlich auch jeder einzelnen teilnehmenden Buchhandlung zu verdanken, die ihrerseits zur Bekanntheit beiträgt. 💙
Zurück zum Buchladen, in dem man sich nur wohl und willkommen fühlen kann. Das liegt zum einen an der sehr schönen und einladenden Atmosphäre, die hier vorherrscht – zum anderen aber (natürlich!) an dem Team, das maßgeblich zu dieser Atmosphäre beiträgt und aufmerksam, freundlich und belesen alle Kund*innenwünsche erfüllt.
Dass man sich hier heimisch fühlt, liegt aber auch daran, das große Konstanz, Verbindlichkeit und Vertrauen vorhanden sind. Die allermeisten Buchhändler*innen arbeiten schon seit vielen Jahren hier, was natürlich auf die persönliche Bindung einzahlt – sowohl untereinander als auch in Bezug auf die Kund*innen.
Vertrauen und Miteinander spiegeln sich auch im Sortiment wider – so wird der Einkauf von allen gemeinsam gemacht, weshalb Dorothee Junck diesen Ort auch als »Laden und das Sortiment aller Kolleg*innen« bezeichnet.
Und noch einmal Miteinander: Im Buchladen gab und gibt es nicht nur seit diesem Frühjahr eine Willkommensinitiative für Ukraine-Flüchtlinge, sondern auch in der Vergangenheit schon viele Angebote, um geflüchteten Menschen das Ankommen zu erleichtern. So stand in der Vorweihnachtszeit oftmals der Wunschbaum von Willkommen in Nippes im Buchladen.
Kurzum: Der Buchladen Neusser Straße ist nicht nur Dorfbrunnen, sondern Leuchtturm – und das in vielfacher Hinsicht. Liebe Dorothee, liebe Wibke, liebes Buchladen-Team: Ich bin sehr dankbar und glücklich, dass es euch gibt!«
Link zum Instagram-Beitrag, wo Ihr auch die anderen Besuche findet.
Alle Fotos: (c) Torsten Woywod
bis auf das Foto oben im Text mit Dorothee Junck und Torsten Woywod: (c) Wibke Ladwig